Das neue Jahr war grad mal fünf Tage alt, und schon wurde die dümmste Schlagzeile 2024 gedruckt: diejenige von der Jugend, die den grössten ökologischen Fussabdruck habe. Michael Hermann, der Leiter der entsprechenden Studie, kam zwar auch zu Wort mit seiner entscheidenden Präzisierung, dass es einige wenige Personen in dieser Generation seien, welche vor allem mit Flugreisen den Emissions-Output im Schnitt verhageln und dass es nicht statthaft sei, eine ganze Altersklasse in Sippenhaftung zu nehmen – aber der Schaden war natürlich angerichtet. Wir sehen einmal mehr zu, wie gewisse Medien ihr Framing, wie man das heute nennt, zurechtsägen: Weck den Eindruck, dass die Altersklasse, die am meisten vom Klimawandel betroffen ist, sich am wenigsten darum kümmert und schon bleibt von der Lektüre nur das kleben: «Jänu, soo gravierend kann das mit diesem Klima gar nicht sein, die Jungen juckts ja auch nicht.» Klappe zu, Affe tot. So macht man Politik. Und sie funktioniert: Weiter unten ist dann von der pompösen Prozentzahl von Leuten die Rede, welche die Schnauze bereits voll vom Klimagedöns haben. Super-Einstellung, Leute! Voll hilfreich, um das Netto-Null-Ziel zu erreichen.
Generell hat man den Eindruck, dass die Debatte über Klima, Ökologie oder Ressourcen nicht gerade sehr erwachsen ist. Man sieht das am besten in Deutschland, wo man sich aktuell die Augen reiben muss. Die Grüne Bewegung ist sich ja allerhand gewöhnt, aber ein derartiger Hass ist denn doch bemerkenswert. Die Grünen sind ja nur die profiliertesten Überbringer der Botschaft, dass sich Wirtschaft und Gesellschaft fundamental verändern müssen, wenn wir die Klimakatastrophe bewältigen wollen. Aber die Devise «Don’t shoot the messenger» gilt hier gar nichts. Wut und Ärger entladen sich über dem Habeck, wie wenn er allen persönlich die Kohlenheizung aus dem Keller reissen würde. Und dass die Bauernsame es mit ihren Träckis hundertmal besser als die Klimakleber:innen schafft, Strassen und Autobahnen lahmzulegen, ist nebst einem grossen Witz auch eine grosse Stellvertreterfarce: Man kann den Grünen Sack (samt Regierung) schon schlagen, der grosse Esel namens Transformation bleibt aber stur stehen.
Mit «erwachsen» meine ich die schlichte Tatsache, dass die Zeit der Spielchen bei einer erheblichen Zahl von Problemen schon lange vorbei ist. Und da geht es genau nicht um die bis zum Abwinken verbreitete Meinung, ‹beide› Seiten müssten sich bewegen. Das ist blühender Blödsinn. Ein Pariser Klimaabkommen oder ein Netto-Null-Ziel lässt sich nicht mit Kompromissen erreichen, schon gar nicht innerhalb der zur Verfügung stehenden Zeit. In Anbetracht, dass wir beim Ersatz der fossilen Energien zwei bis drei Jahrzehnte verschlafen haben, ist es evident, dass nur noch konsequentes Handeln infrage kommt. Selbstverständlich weckt das Verlustängste, Unwillen und Ärger, selbstverständlich ist das eine mögliche Quelle für die Vergrösserung des Grabens zwischen Arm und Reich. Aber das sind bekannte Probleme, die auch angegangen werden könnten, wenn man denn wollte. Traktordemos dagegen oder auch die Mätzchen der Bürgerlichen in unserem Land (Ständerat! CO₂-Gesetz!), sind unnötige Rückzugsgefechte. Vermutlich wird es allerdings noch mehr davon in diesem Jahr geben, denken wir nur an die USA, an die AfD und an alle anderen Rollbacks, die auf uns zukommen. Irgendwie habe ich kein gutes Gefühl für dieses Jahr. Vielleicht muss es tatsächlich dunkler werden, bevor es heller wird.
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