Artikel, p.s. Zeitung

Stillstand

Zu Zeiten, als das Träumen noch half, sagte sich BüBü, ach komm, lass es uns doch machen wie die Linken in der Stadt, behaupten wir einfach, es gehe uns gut. Und siehe da, flugs hing das so an allen Plakatwänden, und BüBü strahlte über alle zehn Bäckchen. Bloss hatte es übersehen, dass man eine solche Behauptung auch mit ein paar Fakten stützen sollte, so wie in der Stadt. Denn wenn man, wie Bübü im Kanton, derart versagt, braucht es etwas mehr als Träume. Fakt ist: Wir haben Stillstand im Kanton. Sage nicht nur ich. Sagt zum Beispiel auch die TA-Chefredaktorin. Nur BüBü tut so, als wenn der Elefant, der im Zimmer herumtrampelt, ein rosa Mäuschen wäre.

 

Ein paar Zahlen aus der Statistik (wobei leider nicht überall brandneue Zahlen verfügbar sind): Die Sozialhilfequote stagniert seit zehn Jahren, die Bezügerquote der bedarfsabhängigen Sozialleistungen stieg leicht an. Auch die Quote der Personen, die Ergänzungsleistungen beziehen, sinkt nicht. Kurz: Die Armut verringert sich im Kanton nicht, es geht nicht allen gut. Das spiegelt sich auch beim steuerbaren Einkommen wieder, dessen Median seit ebenfalls 10 Jahren so ziemlich stagniert. Die Arbeitslosigkeit schwankt zwar sehr stark, wird aber im Schnitt nicht geringer, im Gegenteil, bei den Werktätigen (15-65 Jahre) steigt sie sogar leicht. Kunststück: Die Anzahl neu geschaffener Stellen stagniert ebenfalls.
Im Umverteilen nach oben sind Parlament und Regierung allerdings meisterhaft: Der Gini-Koeffizient, Mass der Ungleichverteilung, ist in den letzten Jahren gestiegen und liegt über dem Schweizer Durchschnitt. Kein Wunder, wurden ja das Steuersubstrat in den letzten Jahren um über 1,2 Milliarden Franken pro Jahr reduziert, was aber nicht den Armen oder dem Mittelstand zugutekam, sondern denjenigen, die es nicht nötig haben. Damit erklärt sich von alleine, dass dieses Geld dann in der Staatskasse fehlt und den Kanton zu Sparübungen zwingt, wobei dann groteske Dinge passieren, wenn etwa mutige Sparvorlagen geschnürt werden, die dann später wieder kleinlaut abgelehnt oder wie im Fall «Schiffsfünfliber» rückgängig gemacht werden. Betrachtet man übrigens den Gini beim Vermögen, so stehen einem die Haare zu Berge: So besitzen weniger als drei Prozent der Personen 50 Prozent des Vermögens im Kanton, und nein, es ist kein Trost, dass wir im interkantonalen Vergleich damit noch gut wegkommen.

 

Aber he ja, wie soll es Zürich auch gut gehen, wenn die wichtigsten Standortfaktoren systematisch verschlechtert werden: Bildung, Gesundheitswesen, Kultur, Umwelt. Der Nettoaufwand für die Bildung stagniert seit bald 10 Jahren, derjenige für Kultur seit 20 Jahren. Seit gar 30 Jahren stagniert er bei den Aufwendungen für die Umwelt, wobei diese in den letzten 5 Jahren sogar massiv gesunken sind. Und dass die Gesundheitskosten nicht im Griff sind, dafür die Prämienverbilligung fortwährend unter Beschuss, pfeifen die Spatzen von den Dächern.

 

Schliesslich gibt es einen Riesenhaufen von ungelösten Problemen, deren Lösung BüBü furzegal ist: Flughafenlärm, Autostaus, Atomlager, Deponien, Lärmschutz, Pestizidbelastung, Zersiedelung, Mikroplastik im Trinkwasser, Ausstieg aus der fossilen Wirtschaft, und so weiter. BüBü hat es nicht einmal geschafft, ­innerhalb von fünf Jahren das Raumplanungsgesetz fristgerecht umzusetzen. Nun steht Zürich auf der schwarzen Liste des Bundesrates und unterliegt einem Einzonungsmoratorium…
Stillstand und Rückschritt. Nichtstun und Arroganz. Phantasie- und Einfallslosigkeit den grossen Problemen gegenüber. BüBü träumt weiter. Ach komm, zum Glück sind ja bald Wahlen.

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