Wir sitzen da also abends auf der Piazza del Quarto Novembre, (Bosa, Sardegna), hören zu, wie ein klappriger Jüngling mit Hilfe von Laptop und Synthie ein Platzkonzert gibt (Canzoni, tadellos geschnulzt), und schauen der bosanischen Jugend beim Flirten zu. Da erzählt mir S., die auf dem Telefonino Zeitung liest, dass das Schweizer Militär in Unterwasser, Toggenburg, mit dem Heli Wasser auf die Alpweide transportiere, damit die Kühe dort nicht elendiglich verdursten. Nicht, dass sowas neu wäre, und nicht, dass es ganz normal wäre, in den Sommerferien von Waldbränden, Wasserknappheit und anderen Klimafolgen zu lesen, aber irgendwie reicht es mir nun doch. Und offenbar nicht nur mir. Wenn sogar schon der GLP-Chef findet, Sie könnten endlich mal aufhören zu jammern und stattdessen den Finger rausnehmen und etwas tun, dann ist der Fladen nun aber wirklich am Dampfen, um vokabularmässig im Stall zu bleiben, oder kurz: Ritter, es reicht!
Was Sie jetzt subito presto machen, ist folgendes: Sie reisen nach Unterwasser, erklären den Bauern dort, dass Leute wie Sie und Parteien wir Ihre das Problem sind und nicht die Lösung, dass der Freihandel und seine Gefahren das reinste Nasenwasser sind gegen die Gefahren des Klimawandels, dass die Wasserknappheit, die ja offenbar quasi schon Tradition dort ist, nicht vom Himmel und nicht von der Globalisierung, sondern vom Klimawandel kommt, und dass Sie ab sofort aufhören, die Leute zu verarschen.
Wissen Sie, wenn man Bauernführer ist, darf man bauernschlau sei. Meinetwegen sogar hin und wieder frech. Aber derart saufrech wie Sie, der Sie eine Ernteausfallversicherung fordern, deren Prämie auch noch teilweise von den Steuerzahlenden finanziert werden soll, während im Hintergrund Armeehelis, die ja bekanntlich auch nicht mit Wasser fliegen, ein bisschen was zum Klimawandel und zur Sommertrockenheit beitragen, derart unverfroren kam mir jetzt aber schon lange mehr keiner! Sie sitzen breiten Arsches auf Ihrem mineralölsteuerbefreiten Träcki und verlangen im selben Atemzug, dass der Bund Sie für die Folgen von Hitze und Dürre entschädigen solle!
Das ist nun allerdings noch einen Zacken dümmer als die Qualitätszeitung, die als Saure-Gurken-Aufreger versucht, die Folgen des Hitzesommers in den städtischen Altersheimen den Grünen in die Schuhe zu schieben, indem sie Ursache und Wirkung vertauscht: Wegen den 2000-Watt-Zielen dürften keine Klimageräte installiert werden, weshalb unsere SeniorInnen leiden wie die Kühe auf den Unterwasser Almen. Dummdreistigkeit auch hier: Wir haben im Sommer bereits einen fast so hohen Stromverbrauch wie im Winter wegen all den Klimatisierungen, und da der Europa-Strommix aus unseren Steckdosen auch aus Quellen stammt, die CO2 ausstossen, ist das Herunterkühlen von Räumen ein Beitrag zur Sommerhitze und nicht einer zu deren Reduktion. Aber scheiss drauf, Hauptsache, die Kuh wird durchs Mediendorf getrieben. Womit wir wieder nahtlos bei den Bauern sind, also bei Ihnen, Ritter!
Nächstes Jahr sind Wahlen. Sie haben jetzt noch ein paar Monate Zeit, um den Kopf aus dem Misthaufen zu ziehen und zu beweisen, dass Sie sich wirklich für den Bauernstand einsetzen. Wenn’s blöd läuft, machen Ihnen ein paar Murgänge im Herbst und ein paar Lawinen im Winter noch einen Strich durch die Rechnung, aber dann können Sie ja nochmals ein paar staatliche Zuschüsse einfordern. Denn eines muss man Ihnen lassen, Ritter: Sie sind besser als die Alchemisten im Mittelalter, Sie wissen, wie man aus Kuhdreck Geld macht.
Markus Kunz
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